Die Scherben des Phönix

 

Der alte Mann glitt in die bereitstehenden Gartenschuhe, tat fünf Schritte an der Hauswand entlang, dann um die Ecke herum, noch sieben weitere Schritte und erreichte seinen Briefkasten. Er öffnete: Gähnende Leere starrte ihm entgegen!

Wer sollte auch schreiben? Seine Söhne?

Die hatten Besseres zu tun!

Ab und an steckte der alte Mann sich einen weißen Briefumschlag in die Brusttasche. Den legte er heimlich in den Postkasten hinein, um ihn am anderen Vormittag, deutlich sichtbar für die gegenüberwohnenden Nachbarn, herauszuholen.

Er wollte kein Mitleid!

Wieder einmal saß er im Sessel und die Dämmerung kam. Ungebetene Gäste stellten sich ein: Schatten die an der Wand entlangwanderten.

Der Alte erhob sich und holte aus seiner Werkzeugkiste einen Hammer heraus. Er trat vor die Tür, tat fünf Schritte an der Hauswand entlang, dann um die Ecke herum, noch sieben weitere Schritte und erreichte seinen Briefkasten.

Er holte aus – und zertrümmerte seinen Hauskasten, bis nur noch kleine Teile am Boden lagen.




Der alte Mann und sein Hund

 

Als ich den Alten um ersten Mal sah,dachte ich: Was ist denn das für einer? Aber – bin ich nicht auch so einer?

Ich war auf dem Weg durch die Feldmark Nordfrieslands. Langsam war sein Schritt, nachdenklich sein Gesicht, als er mir mit seinem Hund, einem Dackel, entgegenkam. Wir gingen einander vorüber, doch er grüßte nicht. Habe ich denn gegrüßt? Und wie mag mein Gesicht ausgesehen haben? Zum Glück hatte ich keinen Spiegel mit.

Am nächsten Tag wieder diese Begegnung. Na, dann grüßte ich – er dankte. Wieder einen Tag später störte die Begegnung meine Kreise des Denkens. Der alte Mann kam näher, sprach ein paar Worte über das Wetter. Ein entsetzliches Thema – ich wusste doch selbst wie das Wetter war. Da ich jedoch auch kein Vertreter von Geselligkeit und fröhlicher Bereitschaft war, konnte ich ihm auch nichts vorwerfen.

So ging es eine ganze Weile. Aus den täglichen Treffpunkten, meistens in der Mitte des Feldwegs, wurde langsam eine Gewohnheit. Der Herbst hatte längst seine bunte Farbenpracht entfaltet, da traf ich den Mann mit seinem Hund nicht mehr. Die Tage wurden kürzer – meine Kreise enger. Von einem Nachbarn erfuhr ich, dass der alte Mann mit seinem Hund hier zu Besuch weilte und nun wieder abgereist sei.

 

Der Winter zog ein weißes Tuch über die Feldmark.

Der nächste Frühling machte sich bereit. Die Tage wurden wärmer. Vogelstimmen auf den Feldern. Der Kiebitz versuchte in gewohnter Weise von seinem Nest abzulenken. Ich blieb stehen, schloss die Augen und, während die laue Luft meinen Körper fächelte.

Alles war wieder erwacht – nur etwas fehlte!

Der alte Mann mit seinem Hund!

Was wollte ich nur – die unendliche Weise der Wiesen und Knicks lag vor mir – keiner störte mich.

Es wurde Sommer – doch der Alte kam nicht mehr!

Peinlichst hütete ich mich davor, jemanden zu erzählen, dass ich diese Begegnung nun vermisste!





Bei Tagesanbruch

 

Die Nacht war schön

so zart wie dein Mund

noch leuchten die Sterne

wie kleine Laternen

doch im Glanz deiner Augen

bricht an der Morgen

mit dem Sommerwind

Komm’ mit

wir gehen die Wege

die noch kein sind




Das Ewige

 

Tausend Jahre vergehen

noch einmal tausend Jahre

ich werde

am Rande der Zeit

auf dich warten

deinen Augenaufschlag

zu erleben

wie deine Wimpern

sich senken und heben

die Strahlen deiner Augen

der Sonne gleich

deine Hände

so zärtlich und weich

dein Atem

ein Meer voll duftender

Rosen

wie der einer Göttin

setzt ALLES

außer Kraft